Warum Erde kein Dreck ist

Humus, der lebendige Boden, ist die Grundlage für ein enkeltaugliches Österreich.

Unser gemeinsames Ziel, nämlich ein enkeltaugliches Österreich zu schaffen, setzt voraus, dass wir die Natur, unsere Mitwelt, als Gesamtes – von Tieren über Pflanzen bis hin zum Boden – verstehen und dementsprechend handeln. Denn nur so können wir die besten Lösungen für aktuelle Krisen finden und gemeinsam unabhängig an der Neugestaltung unserer Lebens- und Wirtschaftsweise arbeiten.

Während unserer Recherchen gemeinsam mit führenden ExpertInnen, um die wichtigsten Stellschrauben für diesen notwendigen Wandel zu finden, kamen wir nicht darum herum, unseren Blick auf den Boden unter unseren Füßen zu richten. 

Als Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern wissen wir ganz genau, dass das Erdreich kein Dreck ist, sondern die wertvolle Grundlage für unser Leben, die es zu schützen gilt. Sie ist ein vielfältiger, lebendiger Ort. Wusstet ihr, dass in einer Handvoll Humus mehr Lebewesen existieren als Menschen auf der ganzen Welt?

Es ist ganz einfach: Ohne Humus kein Leben.

 

Was ist dieser Humus eigentlich?

Humus ist ein vielgestaltiger Bestandteil des Bodens und vor allem in den obersten Schichten zu finden. Er lässt unsere kostbaren Pflanzen gesund wachsen und kommt in Tiefen bis zu 30 cm vermehrt vor.

Genauer gesagt besteht Humus aus zersetzter organischer Masse, wie Blättern, Früchten, Holz oder Wurzeln. Wenn diese absterben, werden sie von unseren kleinsten Mitlebewesen, z. B. Milben, Tausendfüßern und natürlich dem allseits bekannten Superstar, dem Regenwurm, verspeist und verwandelt.

Zurück bleibt eine Mischung aus Pflanzenresten und dem, was die Bodenlebewesen ausscheiden. Also, zum Beispiel Regenwurmkot. Und der ist wirklich kein Dreck – und stinkt auch nicht! Im Gegenteil, er ist mitverantwortlich für den angenehmen erdigen Geruch des Bodens.

Es profitieren also alle?

Ja, und wie! Zusammengefasst kann man bestätigen: Humus ist „dunkles Gold”.

  • Humus liefert und speichert Nährstoffe für ein gesundes Pflanzenwachstum. Seine vielfältige Struktur macht ihn zum Schwamm, der Wasser aufsaugt und sogar reinigt!
  • Er hält das Erdreich zusammen und bietet Schutz vor Erosion durch Wind oder Starkregen (Wetterereignisse, die uns für die Zukunft immer häufiger prognostiziert werden).
  • Er ist Lebensraum für eine riesige Artenvielfalt an Lebewesen (Tiere, Mikroorganismen, Pilze).
  • Er macht den bewirtschafteten Boden robuster und gesünder. Es werden viel weniger Pestizide benötigt (oder eben gar keine …).

All diese Eigenschaften sichern unsere Versorgung mit frischen, gesunden Lebensmitteln.

Ja, und was hat Humus jetzt mit dem Klima zu tun?

Oder vom Regenwurm, der das Klima rettet.

An dieser Stelle möchten wir euch etwas tiefer in die Welt des Mutterbodens entführen, denn in diesen fruchtbaren oberen Schichten finden viele der wichtigsten Vorgänge statt.
Eine besondere Rolle in diesem bereits erwähnten Gemisch spielen sogenannte stabile Huminstoffe. Einfacher gesagt, Verbindungen aus Kohlenstoff und Nährstoffen, die aus der zerlegten Masse gewonnen werden. Der Anteil von Kohlenstoff im Humus beträgt etwa 58 %. Dieser Kohlenstoff ist im Boden gebunden und kann durch Humusabbau als Kohlenstoffdioxid (CO₂) in die Atmosphäre entweichen.

Unser Ziel ist es, den übermäßigen Ausstoß zuerst zu reduzieren, dann zu vermeiden und, wo dies möglich ist,  Kohlenstoff wieder zu binden. Natürliche Systeme oder Reservoire, die CO₂ aufnehmen können, bezeichnet man als CO₂-Senken. Und unser Humus ist eine solche CO₂-Senke.

Wie ist die derzeitige (Humus-)Lage?

Seit Jahrzehnten wird in der industriellen Landwirtschaft weltweit „humuszehrend“ gewirtschaftet. Chemisch synthetische Pestizide und Düngemittel haben (vorübergehend) die Erträge erhöht, aber auch den Boden ausgelaugt und machen die Bäuerinnen und Bauern langfristig mehr und mehr abhängig von diesen Praktiken, um unsere Nahrung produzieren zu können. Nur ein humusreicher Boden ist autark und unabhängig.

Die wertvollen Humusreserven der Felder wurden durch die intensive Bewirtschaftung reduziert.

Die gute Nachricht:

Wir haben es in der Hand – und die Bio-LandwirtInnen im Herzen!

Die biologische Landwirtschaft legt besonderes Augenmerk auf das Bodenleben. Unsere Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern können bereits auf einen Vorsprung bauen und vertrauen auf Maßnahmen wie organische Düngung, vielfältige Fruchtfolgen, Anbau von Mischkulturen und Leguminosen (Hülsenfrüchte) sowie schonende Bodenbearbeitung. Auch der Verzicht auf Mineraldünger und chemisch-synthetische Pestizide sorgt dafür, dass Humus und Bodenfruchtbarkeit langfristig erhalten bleiben.

Pestizide schädigen und töten auch Bodenlebewesen, die keine „Schädlinge” sind. Mineraldünger führt zu einer künstlichen Überbeanspruchung des Bodens und emittiert sogar schon in der Herstellung und beim Transport zum Bauernhof große Mengen an CO₂.

Aber auch in der Bio-Landwirtschaft gibt es noch einiges an Potenzial zur Verbesserung. Daher legen wir ganz bewusst mit der Bewegung „Enkeltaugliches Österreich” gemeinsam mit BIO AUSTRIA unseren Fokus auch weiterhin darauf.

Humusaufbau zum Klimaschutz wird in Österreich also bereits aktiv umgesetzt. Sei es durch die wertvollen Initiativen der BIO AUSTRIA oder durch erfolgreiche Leuchtturmprojekte wie das unseres Mitglieds, der Ökoregion Kaindorf.

Unsere Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern, die Bewegung … alle arbeiten also an diesem (über-)lebenswichtigen Ziel.

Was kann ich für unseren Humusaufbau tun?

Ganz schön viel!

Du kannst tatkräftig mithelfen und selbst etwas beitragen:

  • Wirf keine organischen (Lebensmittel-)Abfälle in den Restmüll. Besser: Kompostiere selbst! Mit einer kleinen Wurmfarm (Wurmbox) ist das sogar problemlos in der Wohnung möglich – ganz ohne Geruchsbelästigung.
  • Kaufe bevorzugt Bio-Lebensmittel und Kleidung aus Bio-Stoffen.
    (Warum das langfristig gar nicht teurer, sondern nur gesünder ist, findest du in unseren Fakten.)
  • Wäre es vielleicht sogar möglich für dich, weniger Fleisch zu essen? Denn ein (unfassbares!) Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Fläche wird nur für Futteranbau und Aufzucht von Tieren für Fleisch verbraucht. Ein größerer Anteil an Gemüse in der Ernährung ist also nicht nur für unsere Gesundheit gut, sondern (über-)lebensnotwendig für unsere Kinder und Enkelkinder.
  • Bist du soweit, sesshaft zu werden? Dann kaufe lieber ein Haus, das schon besteht, anstatt neu zu bauen. Täglich werden in Österreich unglaubliche 11,5 Hektar Boden versiegelt!  Nutzen wir vorhandenen Wohnraum (es ist genügend da) und schützen wir unseren wertvollen Boden, die Lebensgrundlage unserer Kinder und Enkelkinder.
  • Begrüne dein Dach! Das bietet nicht nur Vorteile für die Umwelt, sondern kühlt Gebäude im Sommer und sieht schön aus. Unser Parnterverband ist ein wahres Leuchtturmprojekt dafür: https://gruenstattgrau.at/.

Wir DANKEN dir!

Wir sind auf dem Weg zu einem enkeltauglichen Österreich.

Denn gemeinsam machen wir uns die Welt …

„Enkeltaugliches Österreich“-Mitglied Biohof Achleitner startet großangelegt Humusaufbau:
https://www.etoe.at/wir-sind-im-tun-humusaufbau-gegen-den-klimawandel/

Gemeinsam mit BIO AUSTRIA, Ökoregion Kaindorf, SONNENTOR und anderen Mitgliedsbetrieben erarbeiten wir bereits weitere großflächige Humusaufbauprojekte in Österreich, deren Umsetzung bereits 2022 beginnt. Freu dich auf mehr!

Für alle, die mehr wissen wollen …

Spannende Zahlen zum Humus:

  • Es besteht Handlungsbedarf: Derzeit sind nur noch ca. 33 % bis maximal 50 % des ursprünglichen Humusvorrates, verglichen mit Messungen von 1930, im Boden vorhanden. Wir können dies noch umkehren!
  • In 1 Gramm fruchtbarem Boden leben Milliarden unterschiedlicher Lebewesen.
  • 1/4 bis 1/3 aller Arten dieser Welt leben unter der Erdoberfläche.
  • Unter einem Hektar Fläche finden wir bis zu 15 Tonnen Bodenlebewesen – das entspricht dem Gewicht von 20 Kühen.
  • Durch Humusaufbau um ca. 3 % auf 25 cm Bodentiefe könnten 125 Tonnen CO₂ pro 1 Hektar gebunden werden.

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